Audioformate im Internet erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Aber werden Sie dem gerecht, was die Macher versprechen? PR-Berater Christian Thieme fasst Vor- und Nachteile von Podcasts zusammen und schaut, was Audioinhalte in Krisenzeiten leisten können.

Vor genau 100 Jahren – im Jahr 1920 – starteten in der Schweiz und Deutschland die ersten Testradiosendungen im deutschsprachigen Raum. Nur zwei Jahre später begann der Siegeszug, der bis heute anhält. Das Radio hat die Welt verändert. Sprachinformationen konnten nun global ausgestrahlt werden und die einfache Empfangstechnik erlaubte es vielen Menschen Zugang zu diesem Medium zu finden.

Trotz des Fernsehbooms im Laufe der Jahrzehnte blieb das Radio ein fester Bestandteil des Rundfunkangebots und durch das Internet konnte sich das Medium weiterentwickeln. Aus einem linearen Medium wurde spätestens durch die Definition von „Podcasts“ Anfang der Nullerjahre ein On-Demand-Angebot mit Dialogfunktion, dass sich wachsender Beliebtheit erfreute. Heute, 20 Jahre später kann praktisch jeder Internetnutzer problemlos mit dem Smartphone auf Podcasts zugreifen, aber es herrscht immer noch eine Generationenfrage vor. Insbesondere im beruflichen Kontext wird das Potenzial von Podcast oft noch unterschätzt. Dabei ist es heute einfacher als je zuvor, einen eigenen Podcast zu veröffentlichen.

 

Wissenschaftskommunikation hat die Nase vorne

Projekte wie der Wissenschaftspodcast „Resonator“ der Helmholtz-Gemeinschaft zeigen seit Jahren, wie interessant hochkomplexe Zusammenhänge in einem Audioformat dargestellt werden können. Ein weiteres prominentes Beispiel ist im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie entstanden. Der NDR veröffentlichte innerhalb von kurzer Zeit ein Talk-Format, mit dem Virusforscher Christian Drosten. In diesem Podcast werden Updates zur Entwicklung der Pandemie diskutiert, ebenso wie Handlungsempfehlungen und wissenschaftliche Hintergründe. Das Medium zeigt dabei seine enorme Geschwindigkeit und Flexibilität, denn eine Produktion und Veröffentlichung ist praktisch im täglichen Rhythmus möglich und die Sprecher müssen sich auch nicht persönlich treffen. Audio hat zudem den Vorteil nebenbei konsumiert werden zu können. Das Lesen von Texten strengt an und kostet Zeit, Videos hingegen binden den Nutzer an den Bildschirm. Bei beiden Medien kommt noch die Komponente der Aufmerksamkeitsspanne hinzu. Längere Texte und Videos können dazu führen, den Rezipienten zu verlieren – ein Podcast hingegen kann im Auto, auf der Couch, bei der Hausarbeit oder mit geschlossenen Augen konsumiert werden. Daher ist das Audioformat deutlich flexibler, denn interessante Audioinhalte binden den Hörer länger. Zudem kann der Nutzer jederzeit die Pausetaste drücken und einfach später weiterhören.

 

Podcasts sind Audiodatenbanken

Audiocasts werden über sogenannte RSS-Feeds als abonnierbares Medium bereitgestellt. Applikationen (Podcatcher) auf Smart-Devices kümmern sich dabei automatisch um den Download neuer Folgen. Dienste wie Spotify oder Amazon denken diesen Ansatz noch weiter und bieten Podcasts über ihre Medienplattformen an.

Anbieter profitieren dabei von einem großen Vorteil der Technik – der Archivfunktion. Auf Abruf stehen den Nutzern sämtliche Folgen eines Anbieters zur Verfügung – egal wie alt diese sind. Produzierter Content ist Langzeit-Content und funktioniert daher wie in Mediatheken.

 

Es ist nicht alles Gold was glänzt

Die Definition des Langzeit-Contents zeigt aber auch gleichzeitig eine große Schwäche von Podcasts. Von der Veröffentlichung bis zu nennenswerten Abonnentenzahlen können unter Umständen Jahre vergehen – Durchhaltevermögen, das viele Unternehmen nicht bereit sind aufzubringen. Problematisch ist, dass es aktuell keine nennenswerten Medienportale gibt, auf denen der eigene Podcast per Werbung hervorgehoben werden kann. Die Verbreitung funktioniert eher über Mund-zu-Mund-Propaganda und das eigene Netzwerk.

Hinzu kommt ein steigender Leistungsdruck bei der Erstellung. Vor zehn Jahren zählte mehr der Wille einen Podcast zu veröffentlichen, die Ton- oder Inhaltsqualität stand noch nicht zentral im Fokus. Heute erwarten Hörer die gleiche technische Qualität wie im Radio. Dies ist mit anfänglichen hohen Kosten für Unternehmen verbunden und daher oft ein KO-Kriterium bei der Konzeption.

 

Brauchen Unternehmen Podcasts?

Trotz aller Hürden sind Podcasts ein Medium, dass eine ordentliche Schlagwirkung erreichen kann. Unternehmen müssen sich in der heutigen Zeit viel mehr nach außen präsentieren, wie es bisher war. In Krisenzeiten, in denen Messen abgesagt werden und persönliche Treffen zurückstehen müssen, füllen Podcasts eine Informationslücke. Verbände wie der VDI haben dies erkannt und nutzen den eigenen VDI-Podcast um Brancheninformationen aufzubereiten.

Unternehmensinformationen verlagern sich mehr und mehr ins Digitale – Podcasts versprechen dabei Abwechslung und sind auch dezentral zu produzieren. Hierdurch ersparen sich Unternehmen Eigeninvestitionen. In der Findungsphase ist es ratsamer externe Produzenten mit der Konzeption und Umsetzung zu beauftragen.

Für viele Unternehmer stellt sich anfangs aber die Frage, welche Inhalte überhaupt in einen Podcast passen würden. Auch hier helfen Produzenten weiter. Bei der Konzeption sollte immer ein Themenplan aufgestellt werden. Interessante Themen gibt es dabei in jedem Unternehmen. Ob es Geschichten der eigenen Mitarbeiter, Produktionsabläufe, Branchenthemen oder gesellschaftliche Themen sind – Inhalte sind nie das Problem.