Kommentar

Zur Unterstützung der freischaffender Künstlerinnen und Künstler in der Coronavirus-Krise hatte die Bundesregierung ein Sofortprogramm gestartet. Drei Wochen nach der Verkündung ist immer noch kein Geld da, der Topf ist leer und die Presse berichtet von massenhaftem Missbrauch. Der Künstler Christian Thieme berichtet über die Soforthilfe, die nie kommen wird.

Für kleine Selbstständige wie mich ist es nie leicht. Kaum trudeln die ersten Aufträge rein, halten Versicherungen, Ämter und Dienstleister die Hände auf. Das Schlimme dabei ist, es sind Kosten die sich nicht von jetzt auf gleich zurückfahren lassen. Viele Ausgaben sind auch Pflichtabgaben. Hinzu kommen Kredite für Investitionen und natürlich gibt es noch das private Leben. In Zeiten von Corona stehen kleine Selbstständige daher vor ungeahnten Problemen. Rücklagen sind kaum vorhanden, Aufträge und Kunden brechen weg, Rechnungen werden nicht bezahlt und nach Wochen ist immer noch nicht klar, wie und ob es weitergeht. Natürlich wird es immer weitergehen – die extenzielle Frage ist aber, wann?

Starke Netzwerke unterstützen

Schon kurz nach den ersten Alltagsbeschränkungen wurden die Kreativnetzwerke und auch der Steuerberater aktiv und streuten die wichtigsten Informationen über Hilfsprogramme. Als Mitglied solcher Netzwerke wird einem bewusst, dass man nicht alleine vor diesem Problem steht, sondern das Tausende das gleiche Schicksal teilen. Am 25. März 2020 startete das wohl wichtigste Unterstützungspaket für freischaffender Künstlerinnen und Künstler vom Land NRW. Bis zu 2.000 Euro sollte jeder Künstler rückzahlungsfrei aus dem Topf abrufen können. Für viele zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein – insbesondere wenn Großaufträge wegbrechen – aber es ist wenigstens ein Zeichen der Solidarität und Wertschätzung. 50 Milliarden Euro hat der Bund dazu bereitgestellt.

Am 26. März 2020 verschickte ich den ausgefüllten Antrag inklusive einem Schreiben, wo mir ein Kunde schriftlich den Ausfall einiger Aufträge bestätigte. Dann begann das Warten. Aus der Presse war zu entnehmen, dass deutschlandweit tausende von Anträgen gestellt wurden. Von zahlreichen Politikern wurde aber versichert, dass die Gelder reichen. Aus meinem Netzwerk kamen die ersten Nachrichten, dass schon zwei Tage nach Antragstellung das Geld auf dem Konto war und auch der Steuerberater berichtete von schnellen Bearbeitungszeiten. Bis zum 08. April 2020 kam aber weder Geld, noch eine Antwort aus Düsseldorf bei mir an. Ich nahm schriftlich Kontakt zum Dezernat 48 Kultur auf und hakte nach. Auf die Antwort warte ich bis heute, allerdings kam nun eine Absage, die sich auf den 26. März 2020 bezieht.

Sehr geehrte Antragstellerin, sehr geehrter Antragsteller!

Die Mittel unseres Sofortprogramms zur Unterstützung freischaffender Künstlerinnen und Künstler aufgrund der Auswirkungen der Coronavirus-Krise sind leider ausgeschöpft.

Ihr unten anhängender Antrag kann leider nicht mehr berücksichtigt werden.

Aufgrund der großen, politischen Versprechungen, kann ich natürlich nur mit dem Kopf schütteln. Einen Tag nach der Förderung war quasi schon das Budget erschöpft. Im gleichen Schreiben ist aber eine Informationsseite verlinkt, auf der klar wird, dass jegliche Auszahlung in NRW aktuell gestoppt sind – das Verwirrt!

Nordrhein-Westfalen stoppt vorerst Antragstellung für die Corona-Soforthilfe

Problematisch gestaltet sich derzeit das weitere Vorgehen. Zwar werden vom Bund und Ländern Kredite und Fördermittel zur Verfügung gestellt, nach einem Telefonat mit dem Steuerberater war aber klar, dass man auf diese Hilfen nicht hoffen kann. Die Hürden sind zu groß und es wird zur Berechnung des Anspruchs Zahlenmaterial aus den vergangenen Vergleichszeiträumen herangezogen. Bei volatilen Einnahmen wie bei Künstlern bedeutet dies, dass man Pech hat, wenn man im vergangenen Jahr (im März/April) einfach zu wenig Einnahmen hatte und kein Einbruch zu 2020 erkennbar wird. Und auch die Hilfspakete haben einen Haken. Bis zu 9.000 Euro für drei Monate können Kleinbetriebe erhalten, wenn Sie die Auflagen erfüllen. Der Antrag hätte aber schon im März erfolgen müssen. Im April wird daher nur noch ein reduzierter Satz zugrunde gelegt.

Als Zwischenfazit bleibt nur blanke Ernüchterung und das Hoffen, dass noch einmal nachgebessert wird. Aktuell laufen mehrere Rückfragen, welche Ansprüche man noch geltend machen kann und auch das Dezernat 48 Kultur macht auf die dynamische Entwicklung aufmerksam:

Derzeit wird die Frage diskutiert, ob freischaffende Künstlerinnen und Künstler im Rahmen der Bundeshilfe neben Betriebskosten auch Corona-bedingte Einnahmeausfälle geltend machen können. Ziel der Landesregierung ist, dass das Soforthilfeprogramm des Bundes in geeignetem Umfang auch auf Künstlerinnen und Künstler anwendbar ist. Darüber finden derzeit Gespräche mit dem Bund statt. Falls das nicht möglich sein sollte, wird über eine NRW-spezifische Lösung nachgedacht werden. Die Entwicklung in den verschiedenen Förderprogrammen ist sehr dynamisch. Informieren Sie sich bitte regelmäßig auf der Seite des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft.