Mit der Coronakrise in diesem Jahr kam nicht nur die Wirtschaft zum Stillstand, sondern auch bewährte und wichtige Veranstaltungen wie Messen wurden reihenweise abgesagt. Aber auch, wenn sich die Krisenlage in den kommenden Monaten wieder entspannt, wird der Virus die Messelandschaft nachhaltig verändern. Die neuen virtuellen Messekonzepte zeigen, was die Zukunft bringen kann und wo die Grenzen der Digitalisierung liegen. PR-Berater Christian Thieme hat sich aktuelle Konzepte angeschaut und zieht ein erstes Fazit. Unternehmen die vor der Entscheidung stehen auf einer virtuellen Messe auszustellen, sollten sich gründlich beraten lassen.

Allein in 2020 rechnet die Deutsche Messe AG mit einem Verlust in Höhe von 100 Millionen Euro. Viele Messegesellschaften haben daher in den vergangenen Monaten an digitalen Konzepten gearbeitet, um Umsatzeinbrüche abzumildern und gleichzeitig den Kunden Alternativen bieten zu können. Aber die Ansätze sind so unterschiedlich wie auch die Messearten selbst. Der wichtigste Faktor einer Messe fällt allerdings bei jedem Konzept weg – der Mensch.

Messe im Wandel

Viele Branchen leiden seit langer Zeit unter dem Problem, das Messen insgesamt zu teuer werden. Eigentlich müssten sie jedes Jahr stattfinden, aber die eigenen Ressourcen im Unternehmen reichen nicht aus. Zudem sind in zahlreichen Branchen auch die Innovationszyklen länger geworden. Dies führt unweigerlich zu einem Dilemma, denn als Unternehmen gerät man bei potenziellen Kunden nach längerer Abwesenheit aus dem Fokus. Persönliche Kontakte sind das Kernstück jeder Messe und die Frage ist, ob ein virtuelles Gegenstück den Verlust kompensieren kann? Eins steht fest, in 2020 werden die ersten Experimente genau beobachtet und dienen als Orientierung für die kommenden Jahre. Auch die wirtschaftliche Komponente wird da den Ausschlag geben. Ist eine Messe nicht mehr rentabel, könnte der digitale Weg eine Möglichkeit sein, Messemarken am Leben zu erhalten und längere Messelücken zu überbrücken. Unternehmen würden dabei auch von sinkenden Kosten für das Messegeschehen profitieren. Ob sich das aber auch für die Betreiber lohnt, muss sich erst noch zeigen.

Die Herausforderung ist groß

Aber so gut die neuen Digitalkonzepte auch sind, ein Unsicherheitsfaktor bleibt, die Besucher. Die UK Games Expo weißt in einem Aussteller-Dokument bspw. explizit darauf hin, dass man zwar die Infrastruktur passend proportioniert hat, man aber keine Richtwerte über die Besucherzahlen geben kann. Es ist eben ein absolutes Neuland für alle Beteiligten. Das Konzept sieht vor, dass Besucher mittels einer App virtuell über einen Hallenplan navigieren und an jedem Stand die Möglichkeit haben eine Webseite des Ausstellers zu besuchen. Die Unternehmen können dabei entscheiden, ob sie den virtuellen Stand nur als Schaufenster betreiben wollen oder aktive Kommunikationsmöglichkeiten wie Videocalls oder Live-Chats mit einbinden möchten. Das Rahmenprogramm findet dabei über Live-Streams statt, in dem sich auch Aussteller einbringen können.

Konzepte bieten Chancen

Vortäge lassen sich heutzutage problemlos im Internet streamen und sind auf Abruf verfügbar. Die Inhalte sind daher längerfristig für Besucher zugängig.

Insgesamt bieten die Konzepte mehr Flexibilität für Aussteller. Ressourcen die durch Standbau, Organisation und Präsenz eingespart werden, können in nachhaltige Kommunikationsmaßnahmen investiert werden, die über die Messe hinaus weiter genutzt werden können. Für Unternehmen bedeutet es aber auch aktiver zu werden, denn sie müssen Teil der digitalen Idee werden, d.h. im Vorlauf der Messe eine aktivere Kundenansprache zu fahren und sich kreativ auf die neue Situation einzustellen.

Videocalls und Live-Chat werden zwar nicht das Allheilmittel der Coronakrise sein, aber es ist ein Weg die schwere Zeit zu überbrücken und Kontakte zu pflegen. Wichtig ist, aufgrund der Krise nicht die Zeit tatenlos verstreichen zu lassen und auf das nächste Event in 2021 zu hoffen.

Da das digitale Grundgerüst der Messegesellschaften sich erst noch beweisen muss, sind auch die Unternehmen gefragt sinnvolle Lösungen zu erarbeiten. Die ersten Firmen befassen sich daher schon mit grafischen Lösungen 3D-gerenderter Messestände, die mit einem VR-Headset erlebbar werden. Dies wird auch sicherlich irgendwann eine sinnvolle Lösung sein, ein virtuelles Messegeschehen immersiver zu gestalten, aber für 2020 ist dies noch etwas zu früh. In diesem Jahr ist es daher wichtiger Video- und Audiocontent zu erstellen, der zielgerichtet das Publikum anspricht, gleichzeitig aber auch nicht zu viel Zeit der Besucher in Anspruch nimmt. Ebenso wie auf herkömmlichen Webseiten werden die Nutzer innerhalb der ersten Sekunden entscheiden, ob sie virtuell am Stand bleiben oder doch lieber weiterziehen.

Unternehmen sollten dieses Jahr dazu nutzen die Messelandschaft mit zu reformieren. Ein einmal erarbeitetes digitales Messekonzept lässt sich auch auf eine virtuelle Hausmesse ummünzen oder ist eine ideale Ergänzung für physische Veranstaltungen. Nutzen Sie die Zeit!