Nach zwei Tagen #formnext in Frankfurt sitze ich nachdenklich im Büro. Es waren aufschlussreiche Tage, mit guten Gesprächen und tiefgehenden Inhalten. Rückblickend war diese Messe die intensivste für mich in diesem Jahr. Selten erlebe ich in so kurzer Zeit einen fachlich tiefgehenden Austausch mit echtem Innovationscharakter. Das, was zu hören war, stimmt mich allerdings nachdenklich.

Bereits beim letzten Besuch der formnext im Jahr 2022 wurde mir klar, dass der Innovationszyklus im Bereich der additiven Fertigung schnell ist. Die Bestätigung kam prompt beim Pressefrühstück. Der Branche geht es nicht mehr um die Prozessstabilität und Geschwindigkeit – diese üblichen Kritikpunkte wurden kurzerhand mit einem grünen Haken versehen. Der Fokus liegt nun auf der Kostenreduktion, aber auch dieses Problem scheint die Branche in Rekordzeit zu lösen. Auf der Messe waren zahlreiche Ansätze zu sehen, wie anfallende Restlegierungen (wie Schleifstäube) aus Prozessen einfach in der additiven Fertigung wiederverwendet werden können. Wenn sich diese Verfahren etablieren, stellt dies einen gewaltigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit dar.

Auch die Kombination von additiver Fertigung und klassischen Fertigungsmethoden wie dem Gießen ist keine Utopie mehr. Man nimmt ein Basisteil aus Guss und baut das restliche Bauteil beispielsweise mittels Wire Arc Additive Manufacturing (WAAM) auf. Ein Unternehmen aus Neuseeland hat es sogar geschafft, den klassischen Gießprozess als additiven Prozess nachzubilden. Dabei wird eine Form in einem Gerät gedruckt. In einer Aussparung wird ein Werkstoff in Festform eingelegt. In einer zweiten Anlage werden Form und Metall mittels Mikrowellen erhitzt. Das Metall fließt anschließend flüssig in die Form, und das Bauteil ist fertig.

So faszinierend wie diese Beispiele sind, so stimmen sie mich auch nachdenklich. Für additive Fertigungstechnologien ist ein Höchstmaß an digitaler Kompetenz im Unternehmen notwendig, Know-how, das in vielen Unternehmen aber schlichtweg nicht vorhanden ist. Hier müssen deutsche Unternehmen schnell reagieren und Kompetenzen im eigenen Unternehmen aufbauen. Der Markt und auch der Gesetzgeber handeln schneller, als es Unternehmen bisher gewohnt sind. Ein Beispiel hierfür ist der „digitale Produktpass“. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) stellte erste Lösungsansätze vor, um die additive Fertigung fit für die anstehende Gesetzgebung zu machen. Beim Gespräch mit den Fachexperten zeigte sich schnell, dass die Thematik noch viel weitreichender sein wird, als bisher erkennbar war. Der Gesetzgeber zielt darauf ab, die Daten eines einzelnen Produktes zu sammeln und auszuwerten. Am Beispiel eines Wärmetauschers zeigten die Experten, dass dabei schnell Datenmengen von über 100 Terabyte anfallen. Derzeit wird erarbeitet, wie man diesen Prozess optimieren und verschlanken kann. Fest steht jedoch, dass dieses Gesetz kommt und dann für alle Unternehmen in der EU gelten wird.

Für mich war die formnext auch die erste Messe, auf der das Tabuthema Rüstungsindustrie spürbar aus dem Schatten getreten ist. Dies ist eine Situation, mit der wir Deutschen uns erst einmal anfreunden müssen. In Panels wurde über die additive Fertigung in der Bundeswehr berichtet, und Aussteller zeigten ihre Verfahren, die sich optimal im Verteidigungssektor, der Kerntechnik oder der Luft- und Raumfahrt nutzen lassen. Vornehmlich sind dies Lösungen, die Wolfram und Titan verarbeiten.

Wenn dieser Innovationszyklus in der Branche anhält, wird es spannend bleiben.